Drogen

Wenn Flüssigkeit aus Büchern quillt und das Bemalen von Gullideckeln der einzige Ausweg ist

Im Rahmen des Werte & Normen Unterrichts des Jahrgangs 11 auf dem WGM, haben wir uns mit der Anthropologie, mit dem Schwerpunkt Freiheit und Sucht (bzw. Abhängigkeit), beschäftigt. Unsere Schulleiterin Frau Brüsse-Haustein fragte uns, was wir unter Freiheit verstehen. Wir konnten uns auf folgendes einigen:  Freiheit bedeutet Unabhängigkeit von Zwängen durch inneren oder äußerlichen Faktoren. Des Weiteren haben wir herausgefunden, dass der Mensch kompatibilistisch ist, d.h., dass bestimmte Entscheidungen des Menschen durch die Umwelt, Gene, Erziehung etc. vorherbestimmt bzw. beeinflusst sind. Allerdings haben wir trotzdem einen freien Willen in unseren Entscheidungen, wenn wir die Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten haben; sie bewusst treffen und reflektieren sowie auch kontrollieren.

 

Wie aber sieht es mit der Entscheidungsfreiheit aus, wenn unser Körper von einer Sucht geplagt wird? Wie stark eine Sucht ausgeprägt ist, hängt von der Dosis und genetischen Veranlagung ab. Viele denken bei einer Sucht oft an Drogen und Alkohol und vergessen, dass Video- sowie Glücksspiele, Sportsucht und Mediensucht, ebenfalls dazu zählen. Diese gehören jedoch zu den stoffungebundenen Abhängigkeiten und äußern sich in einem Suchtverhalten. Drogen und Medikamente machen nicht nur psychisch, sondern auch körperlich abhängig, sodass Entzugserscheinungen auftreten können. Des Weiteren kommt es, bei regelmäßigen Einnahme, zu einer Toleranzentwicklung, was unweigerlich  zur Dosissteigerung führt. Organ- und Genschäden sind die Folge.

Warum nimmt man dann überhaupt Drogen?

 

Viele Abhängige fangen mit den sogenannten Einstiegsdrogen an. Dazu gehört beispielsweise Cannabis. Von einer pharmakologischen Gewöhnung spricht man, wenn sich der Körper an eine bestimmte Menge einer Substanz gewöhnt und die Wirkung nachlässt. Oft wird dann die Dosis erhöht oder es wird zu härteren Drogen gegriffen. Schuld daran ist das Belohnungszentrum im Gehirn und Glückshormone, die, beim aktivieren dieses Zentrums, ausgeschüttet werden. Bestimmte Substanzen lösen im Gehirn eine Reaktion aus, bei der Unmengen an Dopamin ins Blut gelangt. Die Wirkung des Dopamins lässt sich ungefähr so beschreiben: Glücksgefühle, Wohlbefinden bis zu ekstatischen Zuständen und Euphorie. Normalerweise wird Dopamin natürlich ausgeschüttet. Doch Drogen bewirken eine Norm übersteigende Freisetzung des Glückshormons, die so enorm ist, dass es zum „Craving“ (krankhaftes Verlangen nach Drogenkonsum) kommt. So entstehen auch die typischen Entzugserscheinungen, die zu Psychosen und Selbstvernichtungsideen führen.

 

Frau Lindgen, aus der Fachambulanz Meppen, erzählte uns von einem Fall, in dem ein Drogenabhängiger auf Entzug nicht lesen konnten, da allein beim Versuch zu lesen, eine weiße Flüssigkeit aus den Buchstaben floss. Halluzinationen sind bei regelmäßigen Drogenkonsum, auch beim Entzug, nicht untypisch. Aus diesem Grund ist es schwer, aus einer körperlichen Abhängigkeit zu entkommen. Einem gelang es seine Sucht erfolgreich zu bewältigen, in dem er durch die Straßen lief und Gullideckel rot bemalte. Er war so sehr überzeugt von der Methode, dass dies seine Sucht tatsächlich bekämpfte. Da sieht man, dass Bewältigungsstrategien sehr verschieden und individuell sind.

 

Haben wir eine Kontrolle über unsere Sucht? Laut der Caritas gibt es einen festen Suchtverlauf. Erst kommt der Genuss, dann die Gewöhnung, die zum Missbrauch und schlussendlich zur Abhängigkeit führt. Vor dem Missbrauch ist häufig eine psychische Abhängigkeit die Ursache. Der Betroffene möchte vor Problemen, Schmerzen oder vom Alltag fliehen sowie ekstatische Zustände erreichen und greift auf Drogen zurück. In diesem Moment hat der Betroffene noch die volle Kontrolle über den Konsum und kann ihn jederzeit abbrechen. Beim Missbrauch beginnt dann die körperliche Abhängigkeit auf die Substanz. Das gilt auch für Alkohol und Medikamente. Hier ist es nahezu unmöglich allein eine Sucht erfolgreich zu beseitigen. Um „clean“ zu werden, muss oft professionelle Hilfe aufgesucht werden. Aber selbst diese allein reicht nicht aus. Der Betroffene muss viel Willenskraft und Durchhaltungsvermögens haben oder zumindest aufbauen. Psychische Abhängigkeit ist vergleichsweise leichter zu behandeln, doch körperliche, kann meist nur durch eine medikamentöse Therapie und Eigeninitiative beseitigt werden.

Ist der Konsum von Drogen typisch für den Menschen?

 

 

Abb. 1 Maslows Bedürfnispyramide

 

 

 

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Es ist bekannt, dass seit Jahrtausenden die Menschen ständig einen Weg gesucht haben,

sich auf dem leichtesten Weg glücklich zu machen. Warum? Wir Menschen teilen alle den gleichen Lebenssinn: Wir streben nach Fortschritt und Glück. Meist ist damit der persönliche Fortschritt gemeint, der uns glücklich macht. Maslows Bedürfnispyramide kann man entnehmen, dass jedes Bedürfnis und Verlangen nach Relevanz geordnet ist. So stehen physiologischen Bedürfnisse, wie Essen und Trinken, immer an erster Stelle. Erst danach kommen die eher (für das Überleben) unwichtigen Dinge. So ist es wichtiger ein Dach über dem Kopf zu haben, statt an seiner Selbstverwirklichung zu arbeiten. Der Mensch geht von Bedürfnis zu Bedürfnis und erklimmt langsam die Erfolgsleiter. So wird auf natürlichem Wege Dopamin ausgeschüttet. Nun gibt es natürlich eine Abkürzung. Das Gehirn ist darauf ausgelegt möglichst energiesparend und effizient sein Glück zu finden. Warum also hart arbeiten, wenn man bloß eine Pille schlucken muss? Kommt man einmal auf den Geschmack der Drogen und wird davon abhängig, rutscht das Verlangen des Drogenkonsums ganz nach unten in der Bedürfnispyramide – noch vor dem Essen. Die Droge wird wichtiger als alles andere. Um sie dreht sich nun alles. Des Weiteren ist dem Abhängigen in dem Zustand alles so sehr egal, dass er anfängt andere Menschen, seinen Beruf und sein Aussehen zu vernachlässigen. Dass Menschen schnell eine Sucht entwickeln, ist also vollkommen logisch. Nicht zu unterschätzen sind auch Videospiele, die zwar weit harmloser sind als Drogen, die aber auch zur Vernachlässigung der normalen Bedürfnisse führen. Es ist leicht, das Gehirn durch virtuelle Erfolge zu belohnen, sodass es nicht selten zu krankhaften Suchtverhalten kommt. Das Gleiche gilt übrigens auch für Soziale Medien. Likes, Kommentare und soziale Anerkennung sind hier der Treibstoff für die Mediensucht.

Einmal geschluckt, ewig im Teufelskreis – wer auf Drogen zurückgreift, um seine Probleme zu kompensieren und dem Stress aus dem Weg zu gehen, gerät schnell in einen Teufelskreis. Dieser sieht wie folgt aus:

Abb. 2 Der Drogen-TeufelskreisDie Probleme innerhalb des Teufelskreises verstärken sich gegenseitig, sodass es immer schwieriger wird, aus diesem abzutreten. Am Beispiel Alkoholsucht, lässt sich die Abbildung am besten beleuchten: Ein Mann hat einen anstrengenden Job, der ihn sehr stresst. Um dies zu kompensieren, trinkt er jeden Abend Alkohol. Dadurch schädigt er seinen Körper, was den Stresspegel hochschnellen lässt. Je mehr Stress der Mann hat, desto niedriger sind seine Leistungen hinsichtlich seines Berufes, in dem er ohnehin schon Probleme hat. Deshalb wird er von seinem Chef angeschrien, degradiert und zu noch härterer Arbeit verdonnert. Mit der Zeit muss er immer mehr Alkohol pro Abend trinken, um die Wirkung aufrechtzuerhalten. Im Zuge einer Toleranzentwicklung kommt es so zur Dosissteigerung und einer erhöhten Regelmäßigkeit. Er trinkt den Alkohol also auch tagsüber. Kater und psychische sowie physische Schäden sind die Folge. Der Stress erhöht sich und die Probleme werden schlimmer. Zudem entwickelt er eine Alkoholsucht, durch die er selbst am Arbeitsplatz Alkohol trinkt. Um diesen dort rein zu schmuggeln, muss der Mann vorsichtig sein, was den Stress zusätzlich erhöht. Somit droht dem Mann eine Entlassung. Doch er sieht trotzdem nur den Alkohol als Lösung.

 

Doch nicht nur Männer, sondern auch zunehmend mehr Frauen, Jugendliche und Ältere, werden alkoholabhängig. Durch die Emanzipation der Frau, steigt der familiäre und berufliche Stress. Auch ältere Menschen greifen immer mehr auf Alkohol zurück, um ihre Einsamkeit zu bewältigen. Viele fangen damit auch an, weil sie in Altersarmut verfallen und ihren Arbeitsplatz verlieren. Auch Jugendliche haben in ihrem Bekanntschafts- oder Freundeskreis Drogenabhängige, welche keine Einsicht über ihr Problem haben und gar nicht von einem Missbrauch sprechen würden. Jugendliche leiden oft an einem mangelnden Selbstwertgefühl aufgrund einer gesellschaftlichen Erwartungshaltung, Rollenvorbilder und Gruppenzwang. Ferner übernehmen sie gesellschaftliche Konsummuster. Dies führt nicht selten zu einer beginnenden Alkohol- oder Drogensucht. Da stellt man sich die Frage: Soll ich die Person darauf ansprechen? In vielen Fällen ist Reden leider nicht ausreichend und eine Therapie ist von Nöten.

Die Fachambulanz Landkreis Emsland umfasst verschiedene Aufgabenbereiche. Beratung, Aufklärung und Vermittlung gehören zu den wesentlichen Aufgaben. Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Suchtproblemen, erhalten über eine Vermittlung eine ambulante oder stationäre Therapie. Zudem bietet die Caritas viele Projekte an, welche vor allem Minderjährige ansprechen sollen. Ein Beispiel stellt das Projekt „Hart am Limit“ dar, welches sich mit Jugendlichen mit Alkoholvergiftungen befasst und die Sensibilisierung von Erwachsenen sowie Jugendlichen fördert. Kurz gesagt: Man lernt einen verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol. Des Weiteren gibt es Selbsthilfegruppen, MPU-Vorbereitungen, Hausbesuche und Selbstkontrolltraining. Also wer Hilfe benötigt, sich präventiv informieren will oder jemanden kennt, der in einer Sucht steckt, wendet sich am besten an eine Beratungsstelle in der Nähe.

 

Mein Appell: Tue etwas, bevor es zu spät ist!

 

 

Kontaktdaten der Caritas in deiner Nähe:

 

Markt 31-33

49716 Meppen

Telefon: 05931 88638-0

E-Mail: Sucht.Mep@caritas-os.de

 

Weiterführende Literatur (Quellen):

  1. Schandry. (2016). Biologische Psychologie, 4., überarbeitete Auflage

 

Der Inhalt bezieht sich größtenteils auf die Ergebnisse des Werte&Normen-Unterrichts. Von der Fachlehrerin wurden folgende Quellen verwendet.

 

Schulprogramm des WGM, Fassung März 2018:

  1. Jellinek – Typologie. https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/sucht/alkoholismus/alkoholsucht-phasen-trinktypen letzter Aufruf am 01.09.2018
  2. Wege, Werte, Wirklichkeiten, 7/8, hrsg. von Chr. Michaelis et al., München 2012, S. 23ff
  3. Grunewald, N., Trainieren bis über die Schmerzgrenze: Wenn Sport süchtig macht“, NOZ 16.03.2018 letzter Aufruf am 07.04.2018
  4. Gross, G., Gegen Stress ne Tüte? Sächsische Zeitung vom 18.02.2018 (online)letzter Aufruf am letzter Aufruf am 05.04.2018
  5. https://www.caritas.de/

 

Bilder:

Maslows Pyramide. https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Maslowsche_Bed%C3%BCrfnispyramide.png, letzter Aufruf am 14.09.2018